Warum unsere Kinder geimpft sind.

Unsere Kinder sind noch keine 5 Jahre alt. Aber sie sind seit Ende Dezember gegen Corona geimpft. Off label. Warum? Weil, in unseren Augen, das Risiko einer SARS-CoV-2 Infektion größer ist als das Risiko einer Corona Impfung.

Wir haben unsere Kinder impfen lassen um sie zu schützen. Nicht um die Impflücke bei den Erwachsenen auszugleichen.

Jetzt werden Einige sagen, Kinder werden selten schwer krank – warum sie impfen? Und genau das ist die Abwägung. Was is schlimmer, gefährlicher? Infektion oder Impfung? Hier einige unserer Überlegungen dazu.


Laut der Corona-Kita Studie zeigen 35% der mit SARS-CoV-2 infizierten 0-5 Jährigen keine Symptome. Der Rest leidet meist “nur” an Husten, Fieber und/ oder Schnupfen. Krankenhaus Einweisungen sind zum Glück relativ selten. Aber jedes Kind das schwer erkrankt ist eins zu viel. Jede Familie die am Bett eines auf Sauerstoffzufuhr angewiesenes Kind steht, ist eine zu viel. Unser Jüngster hatte im zarten Alter von vier Wochen den jetzt bekannten RS-Virus und lag dann innerhalb von fünf Wochen zweimal für insgesamt 13 Tage im Krankenhaus. Und ganz ehrlich und einfach: bitte nie wieder.


SARS-CoV-2 birgt aber mehr als das direkte Risiko der akuten Erkrankung. Long Covid ist eine Gefahr. Genau wie Erwachsene, wenn auch wahrscheinlich seltener, können Kinder an Langzeitfolgen einer Corona Erkrankung leiden. Auch nach den oft milden oder asymptomatischen Infektionen können Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Störungen von Geruchs- und Geschmackssinn, Kurzatmigkeit, Konzentrationsstörungen und/oder mangelnde körperliche Belastbarkeit auftreten.

Eine weitere spezielle Langzeitfolge für Kinder: MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children) – auch bekannt als PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome). MIS-C tritt in etwa 1 von 4 000 mit Corona infizierten Kindern auf (wobei die Zahl der Betroffenen zw. 1 in 1000 und 1 in 5000 schwankt) und ist eine verspätete Reaktion des Immunsystems auf SARS-CoV-2, welche verschiedene Organe betreffen kann, von sehr hohem Fieber begleitet wird und oft im Krankenhaus behandelt werden muss.

Die Immunreaktion wird wahrscheinlich – Wochen später! – von im Körper verbleibenden Viruspartikeln ausgelöst. Wir wissen mittlerweile das SARS-CoV-2 nicht nur die Lunge angreift, sondern unterschiedlichste Gewebe angreifen kann. Das Virus wurde in verschiedensten Organen von Verstorben gefunden. Was wir nicht wissen ist, was das genau bedeutet. Die Studien laufen noch. Aber bisher sieht es teils düster aus. So hat eine neue Studie aus Hamburg Organschäden nach SARS-CoV-2 Infektionen in Erwachsenen gezeigt. Diese Infektionen waren – genau wie in den meisten Kinder- mild. Durch den Angriff von SARS-CoV-2 auf pankreatische Zellen steigt das Risiko von Kindern nach einer Corona Infektion an Diabetes zu erkranken.

Das Virus greift auch das Gehirn an SARS-CoV-2 – es ist neurotrop. Sowohl post-mortem Analysen als auch bildgebende Methoden haben Veränderung im Gehirn gezeigt. Manche vergleichen den Corona Brain-fog mit Alzheimer. Bewiesen ist das Alzheimer und Covid-19 sich ein Risikogen teilen und die Immunantwort in beiden Krankheiten sich ähnelt.

Auch wenn noch das Ausmaß dieser Schäden und die Folgen der Infektion noch unklar sind, gerade in Kindern, ist das Potenzial an Risiken hier enorm.


Die RNA-basierten Impfstoffe schützen effektiv gegen schwere Verläufe, Krankenhauseinweisungen und Todesfälle. Dies ist wissenschaftlich belegt in der klinischen Studie für Erwachsene, 12-16 Jährige, 5-12 Jährige und in real-life Data (Abb 18.) aus der Pandemie, für alle ab 12 Jahren. Für Jüngere fehlen vergleichbare Daten aus der Praxis noch. Ob der Impfstoff auch gegen Long-Covid schützt wird momentan erforscht. Erste Daten aus Frankreich scheinen einen schützende Funktion der BioNTech Impfung gegen MIS-C in Jugendlichen zu zeigen. Auch erste Auswertungen der CDC in den USA und eine Studie aus Israel deutet Impfschutz gegen LongCovid in Jugendlichen beziehungsweise Erwachsenen an.


Ich habe das Gefühl, dass die langfristigen Folgen der Infektion – auch weil noch so viel Ungewissheit herrscht – kaum diskutiert werden. Die Angst um Langzeitfolgen nach einer Impfung hingegen wird munter und oft diskutiert. Hier besteht aber keine Grundlage. Der RNA Impfstoff wird abgebaut und kann keine Zellen infizieren und langfristig darin leben! Er wird auch nicht in DNA umgewandelt und/oder ins Erbgut eingebaut! Und wenn die RNA abgebaut ist, können auch keine Folgen mehr auftreten.


Der RNA-basierte BioNTech/Pfizer Impfstoff Corona-Impfstoff ist in den USA und Europa ab 5 Jahre zugelassen, mit sicherem Profil und einer vergleichbaren Wirksamkeit zu den Erwachsenenimpfstoffen. In den USA sind bereits über 7 Millionen 5-12 Jahrige geimpft (25% alle Kinder in dem Alter) geimpft – mit milden Nebenwirkungen und nur wenigen Fällen von Herzmuskelentzündungen (1 in 700 000 Impflingen).

Alle Kinder jünger als 5 können nur off label geimpft werden. Also ohne Zulassung. Das ist in Absprache mit dem Arzt erlaubt. Genauen Zahlen bezüglich off label geimpften Kinder findet man aber kaum. Die Website und Vermittler von Kinderimpfungen U12schutzen.de geht von über 40.000 off label Impfungen in Deutschland aus. Das schließt aber auch Kinder unter 12 ein, die vor der Zulassung des Impfstoffes ab 5 letzten Dezember geimpft wurden.


Off Label ist übrigens nicht selten in kleinen Kindern. Um Kinder zu schützen, müssen Medikamente extra für verschiedene Altersklassen zugelassen werden, da Alter und auch Gewicht die Wirkung und den Abbau von Medikamenten verändern können.

In dem Zusammenhang wird oft von einem unreifen Immunsystem als Argument gegen eine Impfung gesprochen. Das Immunsystem eines/r 5 Jährigen ist dem von Erwachsen sehr ähnlich. Davor spricht man oft von Unreife in jüngeren Kindern. Wobei es weniger Reife ist, als das Kleinkinder andere Arten von Immunreaktion haben. Das ist evolutionär sehr sinnvoll- da das Immunsystem kleiner Menschen einfach noch vielen neuen Reizen ausgesetzt ist und lernen muss was gut und schlecht ist. So haben Kinder unter 5 kaum Allergien oder Asthma. Gegen Impfen spricht das aber nicht- immerhin finden viele Impfungen im Leben unter 5 statt! Und vermitteln jahrzehntelang Schutz! Bei der Zulassung gibt es nun aber zwei Sachen zu beachten: Sicherheit und eine effiziente Antwort auf den Impfstoff. Und beides könnte U5 mit der „unreifen“ oder andersartigen Immunantwort verändert sein und muss extra bewerten sein.

Die klinische Studie, die den BioNTech Impfstoff in 6 Monate – 5 Jahre alten Kinder testet läuft. Die Ergebnisse sind noch nicht peer-reviewed publiziert. Aber es gab eine Pressemitteilung die von guter Sicherheit und Verträglichkeit verspricht. Es wird ein Zehntel der Erwachsenen-Dosis verimpft: 3 Mikrogramm RNA. Laut der Pressemitteilung scheinen 3 Mikrogramm aber weniger effizient darin, eine Immunantwort in 2-5 Jährigen auszulösen als vergleichbare Impfprotokolle in Jugendlichen. Bei unter 2 Jährigen waren die 3 Mikrogramm hingegen ausreichend für einen guten Schutz gegen Corona. Die Wirksamkeit des Kinderimpfstoffes könnte auf zwei Arten gesteigert werden: mehr RNA pro Spritze oder öfter spritzen. Die Möglichkeit 5 Mikrogramm oder 10 Mikrogramm, wie bei 5-12 Jährigen, auch U5 zu nutzen will BioNTech nicht ausprobieren. Die Firma setzt auf drei Impfungen um die Grundimmunisierung zu erreichen. Dieses Protokoll wird nun in einer erweiterten klinischen Studie getestet – was die Zulassung des U5 Impfstoffes verschiebt.

Wirklich überraschend ist die dritte Impfung aber kaum – schließlich boostern wir auch die Erwachsenen momentan durch. Es ist quasi auch eine 3-fach Impfung notwendig, um Schutz gegen Omicron zu erreichen.


Off label impfen birgt ein Restrisiko. Zwar ist der Impfstoff ab 5 dokumentiert an mehr als 8 Millionen Kindern weltweit sicher und effektiv. Aber für Jüngere gibt es keine publizierten Daten. Es kann also theoretisch sein, dass sehr seltene Nebenwirkungen auftauchen. Bis jetzt gibt es aber – bei wachsenden Zahlen an off label Impfungen- keine Berichte und Impfreaktionen sind sogar (anekdotisch) geringer als in Erwachsenen. Es macht aber Sinn, da sehr milde Nebenwirkungen auch in 5-12 Jährigen gemeldet werden.


Schlussendlich ist es eine Abwägung zwischen den Risiken der Impfung und den Risiken der Infektion. Diese müssen Eltern individuell alleine treffen. Auch abhängig von dem individuellen Risikos: Kita, Umfeld ect. Keine leichte Entscheidung. Vorallem weil Informationen schwer zu finden sind und viel Angst verbreitet wird. Hier auch Danke an Herrn Mertens von der STIKO.

Wir sind also 370 km gefahren um die Kleinen zu impfen. Wir sind froh, dass sie jetzt geschützt sind. Dass wir alle weniger besorgt sein müssen. Dass das Leben, mit Kita und Schwimmkurs etwas Normalität zurück bekommt.

8 responses to “Warum unsere Kinder geimpft sind.”

  1. 1. Was ist eure Meinung zur Impfung eines 0,6 Jahre alten Babys?
    2. Wo wart ihr?

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    1. Hi! Die Pressemitteilung spricht von Sicherheit und Verträglichkeit ab 6 Monate. Die Wirksamkeit ist auch gut in dem Alter mit 3 Mikrogramm Dosis. Publiziert sind diese Daten noch nicht.

      Es kommt aber sicherlich auf das individuelle Risiko an. Wieviel Kontakte hat das Kind? Die Eltern? Geschwister? Kita? Wenn wenige könnte man vielleicht warten. Wenn viele, gerade mit schul-pflichtigen Geschwistern macht es mehr Sinn. Ich bin kein Arzt und kann da keine generelle Aussage treffen. Es ist eine individuelle Entscheidung. Prinzipiell gibt es aber keine Daten die generell abraten für Kinder über 6 Monate!

      Wir waren im Schwarzwald. Genaueres kann ich dir emailen, wenn du magst.

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      1. Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
        Genau das bestätigt meine Gedanken. Momentan ist es kein Problem, die Kontakte gering zu halten. Allerdings kommt der große Bruder im September in den Kindergarten. Bis dahin möchte ich schon gerne einem Schutz haben.
        Meine Email adresse müsste ich hier öffentlich machen, oder?

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  2. Hallo. Kannst du mir sagen, wo ich Informationen zur Haftung der off label Impfe bekomme? ich habe tatsächlich einfach den Überblick verloren. Eigentlich hatte ich für mich abgespeichert, dass der Bund die Haftung übernimmt. Aber es scheint doch nicht so zu sein?
    Danke für deinen Beitrag!

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    1. Das weiß ich leider nicht genau- hatte auch gelesen dass Lauterbach wohl letztens ein Gesetzestext (?) oder ähnliches geändert hat und dies dann durch verschiedene Anwälte so interpretiert wurde als würde der Bund für off Label inkl. U5 haften..

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  3. Mein Kind (5) hatte letztes Jahr eine leichte Erkältung während er in Corona-Quarantäne war. Mangels Test habe ich keine Ahnung, ob es Covid-19 war oder nicht. Kurz darauf entwickelte er erste Anzeichen von Diabetes, 3 Monate später Diagnose Diabetes Mellitus Typ 1.
    Er ist jetzt geimpft und sein größerer Bruder auch.
    Die Impfung schadet nicht, die Krankheit kann schaden. Also, warum nicht impfen?

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  4. Wir haben unseren 2½ jährigen Sohn auch geimpft, einzige impfreaktion war leicht erhöhte Temperatur nachts.
    In seiner Kita hatte schon mindestens ⅓ der Gruppe Corona.

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  5. Danke für den tollen Bericht. Hab mir diese ganzen Sachverhalte und Fakten auch vor den Impfungen meiner Kinder zusammengetragen, aber es nicht geschafft, das so schön und plausibel nachvollziehbar für den zunächst skeptischen Papa zusammenzufassen und aufzuarbeiten. Ist ein rund um gelungene Übersicht.

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